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In einem anderen Kapitel, in dem es darum geht, was wir uns am besten unter Mathematik vorstellen sollten (und was nicht)
werden
einige mögliche Sichtweisen, worin Mathematik denn eigentlich besteht, angegeben: Da heißt es
etwa "Mathematik beschäftigt sich mit formalen Strukturen und quantitativen, d.h.
durch Zahlen ausdrückbaren Beziehungen" oder
"Mathematik ist die Kunst, mit Hilfe exakten logischen Schließens aus bekannten Gegebenheiten
neue, bislang unbekannte Wahrheiten zu entdecken".
Wer sich auf Mathematik einlässt (oder einlassen muss), wird konfrontiert mit einer Welt von
"idealisierten Denkmodellen", die zwar Bezüge zu unserer realen (Alltags-)Welt aufweisen
(und oft genau aus diesem Grund erfunden werden, nämlich um Probleme, die in dieser realen Welt auftreten, zu lösen), die
aber anderen Regeln gehorchen als unser Denken und unsere Kommunikation über die Dinge des Alltags.
Um diese Regeln soll es hier gehen.
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Über Mathematik
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In unserer alltäglichen Kommunikation sind wir gewohnt, Aussagen unterschiedlicher Verlässlichkeit
zu machen. Manchmal sind wir von einer Sache so überzeugt, dass wir sie als
Gewissheit ansehen. Beispielsweise werden die meisten Menschen ihr Geburtsdatum nicht
nur vermuten, sondern wissen. Bei anderen Aussagen sind wir in der Regel weniger sicher
und weniger präzise:
- "Das letze Mal am Meer war ich ungefähr am 15. August des vorigen Jahres. Es kann auch ein
bisschen
vorher oder nachher gewesen sein." Nicht sehr präzise – wenngleich dieses Ausmaß
an Genauigkeit normalerweise zum Austauschen von Urlaubserinnerungen völlig ausreicht.
- "Gestern was es saukalt". Personen mit unterschiedlichem Kälteempfinden könnten
über eine solche Aussage natürlich streiten.
- "Person A hat diesen Streit begonnen." Selbst wenn die Handlungen aller an einem Streit beteiligten
Personen unbestritten sind, wird oft ein Gericht bemüht, um über derartige
Aussagen zu entscheiden. Was bedeutet es genau, "einen Streit zu beginnen"? Genügt
dafür eine ironische Bemerkung? Oder zählt erst eine handfeste Beleidigung?
In der Mathematik hätte man es allerdings gern genauer. Die "idealisierten Denkmodelle", von denen
die Mathematik handelt, wurden eigens dafür geschaffen: Sie erlauben es, exakte Aussagen zu machen,
die – im Rahmen der mathematischen Welt – bewiesen werden können und daher mit Sicherheit wahr sind.
Nehmen wir beispielsweise die Aussage
Die Diagonale eines Rechtecks mit Seitenlängen 3 und 4 hat die Länge 5.
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Sie zu beweisen, ist eine einfache Anwendung des Satzes von Pythagoras (mit dem Button rechts können Sie einen Exkurs zu Themen aus der klassischen Geometrie aufrufen, in dem auch der Satz von Pythagoras besprochen wird), und im Rahmen der Mathematik (genauer: der Geometrie) kommt ihr der Status einer
wahren Aussage zu. In diesem Beispiel zeigt sich, dass Mathematik eine sehr transparente Wissenschaft ist:
Jede Person, die den Satz von Pythagoras kennt, kann die Gültigkeit dieser Aussage selbst
erschließen (also beweisen).
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Themen aus der klassischen Geometrie
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Natürlich können in der Mathematik auch Vermutungen geäußert werden. Das ist
für die Weiterentwicklung unseres Wissens sogar sehr wichtig.
Berühmt ist beispielsweise die so genannte Goldbachsche Vermutung. Sie besagt: Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Primzahlen.
Für die kleineren geraden Zahlen können Sie das selbst überprüfen:
4 = 2 + 2
6 = 3 + 3
8 = 5 + 3
10 = 7 + 3
12 = 7 + 5
14 = 7 + 7
16 = 11 + 5
18 = 11 + 7
20 = 13 + 7
usw.
Im Jahr 2007
wurde diese Vermutung unter der Mitwirkung vieler vernetzter Computer für alle geraden Zahlen bis
1010 ( = 10 Milliarden!) überprüft.
Aber bis heute gibt es keinen Beweis, dass sie für alle geraden Zahlen
gilt. Vielleicht wird es eines Tages einen geben. Bis dahin kann man zwar eine Meinung
dazu haben (also etwa felsenfest davon überzeugt sein, dass die Vermutung wahr ist, oder aber
daran glauben, dass man eines Tages auf eine gerade Zahl stoßen wird, die
nicht die Summe zweier Primzahlen ist), aber unbewiesen bleibt sie dennoch.
Die Mathematik, um die es in mathe online geht, ist gewissermaßen zwischen diesen beiden
extremen Beispielen (der einfachen Anwendung des Satzes von Pythagoras und der – offenbar schwer zu
beweisenden oder zu widerlegenden – Goldbachschen Vermutung) angesiedelt. So geht es beispielsweise
des Öfteren um das Lösen von Gleichungen und um die Formulierung der Eigenschaften mathematischer
Objekte wie Zahlen oder Funktionen. Logische Fehler beim Lösen von Aufgaben und
beim mathematischen Argumentieren können zu falschen Schlussfolgerungen
und damit zu falschen Ergebnissen führen, und ganz generell verstellen sie uns das
Verständnis für das, was wir tun! Um Ihnen die Vermeidung derartiger Fehler
zu erleichtern, wollen wir im Folgenden die wichtigsten Grundregeln des mathematischen Schließens
besprechen und an einfachen Beispielen verdeutlichen.
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Primzahlen und Teilbarkeit
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Logik beim Lösen von Gleichungen |
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Zum Seitenanfang | |
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Das Lösen von Gleichungen zählt zu den mathematischen Tätigkeiten, die in praktisch jedem
mathematischen Teilgebiet nötig sind. Wir benutzen sie einerseits als Beispiel,
um zu illustrieren, worin mathematisches Schließen besteht, und andererseits soll Ihnen dieser
Abschnitt helfen, beim Lösen von Gleichungen den Überblick und eine gewisse
Sicherheit zu bewahren.
Eine einfache Gleichung
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Die wichtigsten Typen von Gleichungen, mit denen Sie konfrontiert sein werden, werden in einem eigenen Kapitel
behandelt.
Hier soll es uns nur um die grundsätzliche Logik, die beim Lösen von Gleichungen
zum Tragen kommt, gehen.
Um mit einem besonders einfachen Beispiel zu beginnen, betrachten wir die Gleichung
Sie kann – wenn Sie so wollen – auch als Denksportaufgabe verstanden werden: Für welche Zahl
gilt, dass ihr Achtfaches, vermindert um 12, gleich groß ist wie das Doppelte der Zahl? Ein
systematischer Weg, diese Zahl zu finden, besteht darin, zunächst einmal (versuchsweise)
anzunehmen, dass es
tatsächlich eine solche Zahl gibt, und sie mit dem Symbol
x zu bezeichnen. Wenn für sie also die Aussage (1) gilt, so steht auf der linken und auf der rechten Seite von
(1) der gleiche Zahlenwert (obwohl wir ihn noch nicht kennen, ja genau genommen nicht
einmal wissen, ob es überhaupt eine solche Zahl gibt)! Wenn wir
nun 2x
sowohl von der linken als auch von der rechten Seite subtrahieren, so
bekommen wir wieder eine Aussage, nämlich
Dabei haben wir lediglich auf der linken Seite den einfachen Rechenschritt
8x – 2x = 6x
und auf der rechten den noch einfacheren Rechenschritt
2x – 2x = 0
angewandt. Beachten Sie die Logik, die der Umformung, die von (1) zu
(2) führt, zugrunde liegt:
Falls auf beiden Seiten von (1) der gleiche Zahlenwert steht, so steht auch auf
beiden Seiten von (2) der gleiche Zahlenwert, denn mit den beiden
Seiten von (1) wurde ja das Gleiche angestellt, um zu (2)
zu gelangen! Wir können also festhalten:
Falls für eine Zahl x die
Aussage (1) gilt, so gilt für diese Zahl auch die Aussage (2).
Wir können das auch kurz in der Form
(1) => (2)
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Gleichungen
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anschreiben und "aus (1) folgt (2)" oder
"aus (1) impliziert (2)"
aussprechen. Das Symbol
=> (die Implikation) bedeutet "folgt" oder
"daraus folgt". Es wurde bereits im Einleitungskapitel eingeführt. Wenn wir nun (2) betrachten, dann
drängt sich sogleich der nächste Schritt auf: Wir addieren zu beiden Seiten von (2)
die Zahl 12 und erhalten mit
eine Folgerung von (2). Als letzten Schritt dividieren wir beiden Seiten von
(3) durch die Zahl 6 und erhalten die weitere Folgerung
Insgesamt haben wir also eine ganze Kette von Folgerungen
(1) => (2)
=> (3)
=> (4)
erhalten. Die letzte Version (4) ist besonders schön: Sie sagt uns, dass
x
gleich 2 ist. Damit ist x
gefunden. Ende gut, alles gut?
Doch halt!
Haben wir tatsächlich bewiesen, dass
x = 2
die Lösung der ursprünglichen Gleichung
(1) ist? Auf den ersten Blick sieht es so aus, denn nach ein paar
Umformungen ist ja die Aussage herausgekommen, dass
x gleich 2
ist. Bedeutet das nicht schlicht und einfach, dass die Unbekannte
x
gefunden wurde und den Wert 2 hat?
Die genaue Argumentation
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Argumentieren und beweisen
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Haben wir also bewiesen, dass 2 die Lösung der
ursprünglich gegebenen Gleichung (1) ist? Genau genommen hat das von uns
angewandte Verfahren nur Folgendes gezeigt:
Falls für eine Zahl x die
Aussage (1) gilt, so folgt, dass diese Zahl gleich 2 ist.
Fällt Ihnen auf, dass noch ein Argumentationschritt fehlt?
Könnte es sein, dass es gar keine Zahl gibt, die (1) erfüllt? Dann wären
wir von einer falschen Voraussetzung ausgegangen und dürften die Folgerung natürlich nicht
ernst nehmen! Es gibt nun zwei Möglichkeiten, diese logische Lücke zu schließen:
- Methode 1: Sie fassen (4) als einen Hinweis auf, dass die Zahl 2 die
Lösung sein könnte und setzen
x = 2
in (1) ein. Mit anderen Worten: Sie machen die Probe! Durch direktes Einsetzen
überprüfen (verifizieren) Sie, dass die Zahl 2 tatsächlich eine Lösung ist. Das ist natürlich ganz einfach:
8 · 2 –12 = 2 · 2
gilt tatsächlich, da sich beide Seiten auf 4
reduzieren. Jetzt können Sie die gesamte Vorgangsweise noch einmal überdenken: Unter
der Voraussetzung, dass es eine Lösung gibt, wurde gezeigt, dass sie gleich 2 ist.
Da die Probe ergeben hat, dass tatsächlich eine Lösung existiert,
wurde also insgesamt nicht nur gezeigt, dass die Zahl 2 eine Lösung ist, sondern sogar, dass sie
die einzige Lösung ist! Damit ist die Gleichung (1) vollständig
gelöst.
- Methode 2: Sie stellen durch eine allgemeine Überlegung sicher, dass nicht nur
(4) eine
Folgerung von (1) ist, sondern dass umgekehrt auch (1) eine Folgerung von
(4) ist! Durch welche Schritte können wir unter der Voraussetzung, dass
(4) gilt, auf die Gütigkeit von (1) schließen?
Versuchen wir, die einzelnen Umformungen rückgängig zu machen:
- Multiplizieren wir beide Seiten von (4) mit 6, so folgt (3).
- Subtrahieren wir von beiden Seiten von (3) die Zahl 12, so folgt
(2).
- Addieren wir 2x
zu beiden Seiten von (2), so folgt (1).
Jeder einzelne unserer Umformungsschritte ist also umkehrbar. Es gilt nicht nur
(1) => (2),
sondern auch
(2) => (1).
Wir schreiben das in der Form
(1) <=> (2)
an, wobei das Symbol <=> (die
Äquivalenz ) "genau dann, wenn" bedeutet und ebenfalls bereits im Einleitungskapitel
eingeführt
wurde. Das Gleiche gilt auch für die anderen Umformungsschritte, womit sichergestellt ist,
dass
(1) <=> (4)
gilt. Nun ist bewiesen: Falls (1) erfüllt ist, gilt
x = 2, und umgekehrt
folgt aus x = 2,
dass (1) gilt. Die Gleichungen (1) und die stark vereinfachte
Gleichung (4) haben die gleiche Lösungsmenge. Welche Zahl auch immer
die eine erfüllt – sie erfüllt dann automatisch auch die andere. Die beiden Gleichungen heißen
zueinander äquivalent. Wenn wir (4) lösen, so haben wir damit
automatisch die Lösung von (1) gewonnen. Da (4) aber schlicht und
einfach aussagt, dass x
gleich 2 ist, ist damit auch (1) gelöst: Die Zahl 2 ist die einzige
Lösung von (1)!
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Argumentieren und beweisen
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Die zweite Methode hat den Vorteil, dass sie recht allgemein funktioniert und nicht für jede
Gleichung eigens argumentiert werden muss. Wann immer aus einer Gleichung eine andere erhalten wird
durch
- Addition einer Zahl (oder eines Terms) zu beiden Seiten
- Subtraktion einer Zahl (oder eines Terms) von beiden Seiten
- Multiplikation beider Seiten mit einer Zahl ≠ 0
- Division beider Seiten durch eine Zahl ≠ 0,
so kann diese Umwandlung rückgängig gemacht werden. Wir sprechen auch von
Äquivalenzumformungen, da jede derartige Umformung aus einer Gleichung eine
zu dieser äquivalente Gleichung macht. Die Idee der Äquivalenzumformung, wie sie
im Kapitel über Gleichungen angewandt wird, gibt uns die Sicherheit, beim
Lösung von Gleichungen keine logischen Fehler zu machen.
"Falsche" Lösungen
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Äquivalenz- umformungen
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Finden Sie jetzt, dass das alles zuviel des Guten ist? Ist ein derartiges Ausmaß an formaler Genauigkeit
überhaupt nötig? Betrachten wir dazu die folgende Gleichung:
Hier ist also eine Zahl gesucht, deren Wurzel gleich – 3
ist. Was liegt näher, als beide Seiten zu quadrieren:
denn es gilt ja (– 3)2 = 9.
Also ist die Lösung gleich 9? Dummerweise zeigt die Probe durch Einsetzen, dass die Zahl 9
keine Lösung der Gleichung (5) ist, denn die Wurzel aus 9 ist
gleich 3, nicht – 3. Tatsächlich gibt es keine (reelle) Zahl, die
(5) erfüllt. Wir sagen auch, dass die Lösungsmenge der Gleichung (5)
leer ist. Was ist schiefgelaufen? Ganz einfach:
Merken Sie sich bitte: Quadrieren ist keine Äquivalenzumformung!
Beim Lösen von Gleichungen ist also darauf zu achten, dass
- entweder nur Äquivalenzumformungen angewandt werden oder, falls das nicht möglich ist,
- am Ende die Probe durch Einsetzen gemacht wird, um zu entscheiden, ob der
Kandidat, der sich ergeben hat, tatsächlich eine Lösung ist oder nicht.
Ein anderes Beispiel, bei dem diese logische Regel nötigt ist, ist die Gleichung
Multiplikation beider Seiten mit
x – 1
führt sofort auf
x = 1, aber
die Probe durch Einsetzen zeigt, dass beide Seiten von (7) für
x = 1 sinnlose
Ausdrücke ergeben, da in ihnen durch 0 dividiert wird. Auch diese Gleichung besitzt
überhaupt keine Lösung. Was ist hier passiert? Die Multiplikation beider
Seiten einer Gleichung mit einem Term, d.h. mit einem Ausdruck, der die
Unbekannte
x
enthält, ist nur dann eine Äquivalenzumformung, wenn
sich nicht am Ende ein Lösungskandidat ergibt, für den dieser Term gleich 0 wird!
Ob das der Fall ist, weiß man manchmal erst zum Schluss, wie das Beispiel der Gleichung
zeigt. Multiplikation beider Seiten mit
x – 1
führt sofort auf
x = 2, und
die Probe durch Einsetzen zeigt, dass die Zahl 2 in diesem Fall tatsächlich die
(einzige) Lösung der Gleichung (8) ist.
Das passt auch damit zusammen, dass für den (einzigen)
Lösungekandidaten x = 2 der Term
x – 1
den Wert 1 hat, d.h. dass er ungleich 0 ist.
Obwohl (7) und (8)
einander also ganz ähnlich sehen, hat (7) keine Lösung, (8)
hingegen sehr wohl eine.
Merken Sie sich bitte: Beim Lösen von Gleichungen (und nicht nur dort) ist wichtig,
"was woraus folgt". Zögern Sie nicht, in Ihren Berechnungen die logischen Zeichen
=> (daraus folgt) und
<=> (genau dann, wenn)
zu verwenden, um auszudrücken, wovon Sie ausgegangen sind und was Sie gefolgert
haben!
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Eine wichtige Tugend in der Mathematik besteht darin, sich stets zu fragen, was die Zeichen bedeuten, die man
gerade auf das Papier malt. Damit ist nicht bloß gemeint, für welche realen Dinge
die mathematischen Größen stehen, die in einer Rechnung vorkommen. (Dabei kann es sich
beispielsweise um Preise von Waren oder um die Abmessungen eines Grundstücks handeln).
Wir meinen im Zusammenhang mit der Logik vielmehr, was die Zeichen mathematisch bedeuten.
Wenn das klar ist, ergibt sich die Beachtung der Grundregeln der mathematischen Logik oft
mit ein bisschen "Hausverstand" ganz von alleine.
Beschreibung von Mengen
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Um das zu verdeutlichen, wenden wir uns der Beschreibung von Mengen und der Kombination
von Eigenschaften zu.
Wie im Mengen-Kapitel ausführlicher beschrieben werden wird, werden manchmal alle Objekte,
die gewisse Eigenschaften haben, zu einer Menge zusammengefasst. Beispielsweise
können wir die Menge aller positiven geraden Zahlen,
G = {2, 4, 6, 8,...},
auch in der Form
G = { n | n ist positive gerade Zahl }
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(9) |
anschreiben. Der senkrechte Strich (manchmal wird statt dessen auch ein Doppelpunkt geschrieben)
bedeutet "für die gilt". Die Beschreibung (9) wird gelesen
als: G ist die Menge
aller n, für die gilt:
n ist eine positive gerade Zahl.
Das bedeutet, einfacher ausgedrückt:
G ist die Menge aller
positiven geraden Zahlen. Weiters seien durch
A = { n ∈ G | n < 36 }
B = { n ∈ G | n ist Quadratzahl}
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(10) |
zwei weitere Mengen gegeben. A ist
die Menge aller Elemente von G, die
kleiner als 36 sind, und B ist
die Menge aller Elemente von G,
die Quadratzahlen sind. Versuchen Sie, so gut es geht, sich diese Mengen vorzustellen!
Verknüpfung von Eigenschaften:
Durchschnittsmenge und Vereinigungsmenge
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Mengen
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Nun kombinieren wir die Eigenschaften, die bestimmte Zahlen zu Elementen
dieser Mengen machen:
- Welche Zahlen sind sowohl Elemente von A
als auch Elemente von B ? Oder, anders
ausgedrückt:
Welche Elemente haben die Mengen A
und B gemeinsam? Sie bilden die so genannte
Durchschnittsmenge von A
und B.
Denken Sie kurz darüber nach und versuchten Sie, diese Menge anzugeben! Es sind dazu keine tiefen
mathematischen Kenntnisse nötig. Bedenken Sie, wie hier die Eigenschaften "positive gerade Zahl",
"kleiner als 36" und "Quadratzahl" miteinander kombiniert werden:
Die Lösung können Sie mit dem nebenstehenden Button aufrufen.
- Die vorige Aufgabe unterscheidet sich nicht sehr von dieser:
Welche Ihrer männlichen Bekannten besitzen einen Führerschein und sind jünger als 36 Jahre?
Sie können sie so formalisieren:
G = { n | n ist ein männlicher Bekannter }
A = { n ∈ G | n ist jünger als 36 Jahre }
B = { n ∈ G | n besitzt einen Führerschein }
Welche Elemente besitzen A
und B gemeinsam?
Das illustriert, dass die Logik des Umgangs mit mathematischen Eigenschaften manchmal gar nicht so
weit von der "Alltagslogik" entfernt ist, wie man meinen möchte, sofern man sich unter den Eigenschaften, um die es geht, etwas vorstellen kann.
- Nun versuchen Sie, herauszufinden, welche Zahlen entweder Element von
A
oder Element von B sind.
Sie bilden die so genannte Vereinigungsmenge von
A
und B.
Wenn es Ihnen leichter fällt, können Sie die Aufgabe zuerst in der "Alltagsversion" lösen:
Jeden Montag treffen sich alle Ihre männlichen Bekannten, die einen Führerschein besitzen.
Jeden Dienstag treffen sich alle Ihre männlichen Bekannten, die jünger als 36 Jahre sind.
Wenn die beiden Treffen zusammengelegt werden – wer wird aller kommen?
Damit haben wir Beispiele für die wichtigsten Kombinationen von Eigenschaften
(und damit Kombinationen von Mengen) angeführt:
- Die Durchschnittsmenge zweier Mengen ist die Menge aller Elemente, die
in der einen und in der anderen (d.h. sowohl in
der einen als auch in der anderen) enthalten sind.
- Die Vereinigungsmenge zweier Mengen ist die Menge aller Elemente, die entweder in
der einen oder in der anderen (oder in beiden) enthalten sind.
Beides zu ermitteln ist – rein logisch – nicht schwierig, und wenn Sie sich von den
Eigenschaften, um die es geht, ein Bild machen können, gehen Sie einfach so vor wir im
Beispiel mit Ihren Bekannten!
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Durchschnitts- menge
Vereinigungs- menge
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Eine in der Mathematik wichtige Klasse von Sowohl-als-auch-Kombinationen betrifft die
Gleichungssysteme. Ohne in die Details dieses Gebiets hier
eindringen zu wollen, können wir die zentrale Aufgabenstellung anhand eines
Beispiels verdeutlichen: Gesucht sind Zahlen
x und
y, die die beiden
Gleichungen
lösen. Jede der beiden Gleichungen besitzt unendlich viele Lösungen.
(Sie können x
beliebig vorgeben und die betreffende Gleichung benutzen, um
y zu berechnen – dann
haben Sie eine Lösung!) Eine Lösung des Gleichungssystems ist ein Zahlenpaar
(x, y),
das sowohl die erste als auch die zweite Gleichung erfüllt.
Die Lösungsmenge des Gleichungssystems ist daher die
Durchschnittsmenge der Lösungsmengen der beiden Gleichungen – sie besteht (wir
beweisen das an dieser Stelle nicht) aus genau
einem Element, das durch
x = 3 und
y = 2
gegeben ist.
Überprüfen Sie durch Einsetzen, dass es sich dabei tatsächlich um eine Lösung
handelt! Beachten Sie, dass wir von einer Lösung sprechen, die durch
zwei Zahlen (also einem Zahlenpaar) charakterisiert ist! Wann immer Sie ein
Gleichungssystem lösen, ermitteln Sie de facto (unabhängig davon, ob Ihnen das
auch bewusst ist) eine Durchschnittsmenge!
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Gleichungssysteme
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Für alle und es existiert ein |
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Zum Seitenanfang | |
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Beim mathematischen Argumentieren ist es manchmal nötig, Eigenschaften zu formulieren, die für
eine Vielzahl von Objekten gilt, und manchmal reicht es aus, zu wissen, dass es ein
(oder mindestens ein) Objekt
mit einer gewissen Eigenschaft gibt. Versuchen Sie auch in diesen Fällen, sich
möglichst plastisch vorzustellen, was mit derartigen Aussagen gemeint ist.
Wir verdeutlichen sie zunächst anhand zweier einfacher Situationen.
"Für alle"
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Das Quadrat einer ganzen Zahl ist immer eine nicht-negative ganze Zahl. Formal können
wir diesen Sachverhalt so ausdrücken: Für alle ganzen Zahlen
n gilt, dass
n2 ≥ 0
ist. Das Symbol ≥ bedeutet "größer-gleich" (also "größer oder gleich").
In einer Kurzformel:
wobei Z
die Menge aller ganzen Zahlen ist.
Unter Zuhilfenahme des Zeichens ∀ ("für alle") kann das auch in der noch
kürzeren Form
angeschrieben werden. Statt "für alle" können wir auch eine Formulierung mit "jede"
oder "für jede" verwenden: Für jede ganze Zahl gilt, dass ihr Quadrat
nicht-negativ ist.
"Es existiert ein"
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Die Ordnung der reellen Zahlen
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Frage: Wann ist eine gegebene ganze Zahl
n eine
Quadratzahl? Antwort: Wenn sie das Quadrat einer ganzen Zahl ist.
(Es gibt auch andere Zahlen, die als Quadrate auftreten – so ist etwa
1/4 das Quadrat von
1/2 –, aber wir wollen den
Begriff Quadratzahl nur für ganze Zahlen mit dieser Eigenschaft verwenden).
Formal können wir diesen Sachverhalt so ausdrücken: n
ist eine Quadratzahl, wenn eine ganze Zahl
m
existiert (d.h. wenn es eine ganze Zahl
m gibt),
so dass
gilt. Die Zahl 25 ist eine Quadratzahl, weil eine ganze Zahl
existiert, deren Quadrat 25 ist. (Tatsächlich gibt es sogar zwei solche Zahlen,
nämlich 5 und – 5).
Unter Zuhilfenahme des Zeichens
∃ ("existiert"
oder "es existiert ein") kann das auch in der kürzeren Form
n ist eine Quadratzahl, wenn
∃ m ∈ Z
so dass
m2 = n
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(14') |
angeschrieben werden, wobei Z die Menge aller ganzen Zahlen ist. Können wir diese Aussage beweisen?
Nein, denn bei (14' )
handelt es sich um eine Definition, d.h. um eine schlichte Namensgebung:
"Wir wollen eine Zahl Quadratzahl nennen, wenn ...". Bei Definitionen gibt es nichts zu beweisen!
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Definitionen
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Wir können diese Definition aber benutzen, um die Aussage zu formulieren, dass die Zahl 25 eine
Quadratzahl ist:
Diese Aussage kann bewiesen werden: Dazu muss man nur eine konkrete Zahl
m angeben, deren Quadrat
25 ist. Da 5 so eine Zahl ist, ist (15) also hiermit beweisen. Es ist eine
wahre Aussage.
Lassen Sie sich nicht von Aussagen
wie (13), (13' ),
(14' ) und (13)
und den darin vorkommenden Symbolen nicht abschrecken! Oft können derartige "Formelwürste"
wie normale Sätze gelesen werden und stellen sich entweder als Definitionen heraus
(bei denen sich die Frage nach "wahr" oder "falsch" nicht stellt) oder als Aussagen, dass gewisse Eigenschaften für gewisse Dinge gelten oder dass es
ein Ding mit einer gewissen Eigenschaft gibt (oder nicht gibt).
Negation (Verneinung)
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Um ein Gefühl für den Wahrheitsgehalt mathematischer Aussagen zu bekommen, ist es lehrreich, sich die
Verneinung (Gegenteil, Negation) derartiger Aussagen anzusehen. Hier ein Beispiel:
Warum ist die Zahl 26 keine Quadratzahl?
Die Zahl 26 ist deshalb keine Quadratzahl, weil keine ganze Zahl existiert,
deren Quadrat 26 wäre.
Das können wir auch anders formulieren:
Die Zahl 26 ist deshalb keine Quadratzahl, weil für alle ganzen
Zahlen m gilt:
m2 ≠ 26.
"Es existiert kein" und "für alle" liegen also nicht so weit auseinander!
Nun sehen wir uns eine Aussage an, deren Wahrheitsgehalt nicht so leicht eingesehen werden kann (weil er bis heute
nicht bekannt ist) – die oben erwähnte Goldbachsche Vermutung:
Aussage A: Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Primzahlen.
Was ist eigentlich ihr Gegenteil? Keine gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe
zweier Primzahlen? Jede ungerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Primzahlen?
Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Zahlen, die aber keine Primzahlen sind? Vielleicht haben Sie die einfachste Formulierung für die Negation von A selbst herausgefunden:
Aussage ¬A: Es gibt eine gerade Zahl, die größer als 2, aber nicht die Summe zweier Primzahlen ist.
Das Symbol ¬ (das logische Nicht) bezeichnet dabei die Negation (das Gegenteil) einer
Aussage. Da die Goldbachsche Vermutung eine Behauptung für alle geraden Zahlen ist, die größer als 2 sind, besteht ihre Negation darin, dass es zumindest ein Gegenbeispiel
gibt, also (zumindest) eine gerade Zahl, die größer als 2, nicht aber die Summe zweier Primzahlen ist. Ein möglicher Versuch, die Goldbachsche Vermutung zu widerlegen, besteht darin,
ein Gegenbeispiel zu suchen.
Und was glauben Sie ist die Menge
C
aller geraden Zahlen, die größer als 2, nicht aber die
Summe zweier Primzahlen sind? Denken Sie kurz darüber nach! Richtig: es ist die Menge aller Gegenbeispiele zur Goldbachschen
Vermutung. Ein Beweis der Goldbachschen Vermutung wäre gleichbedeutend damit, zu zeigen,
dass die Menge C leer ist,
also gar kein Element enthält!
Mit dem nebenstehenden Link können Sie einige interaktive Tests zu diesem Kapitel aufrufen und den
Umgang mit Negationen ein bisschen üben!
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Interaktive Tests zu diesem Kapitel
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Zum Seitenanfang | |
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Beim mathematischen Argumentieren ist es manchmal nötig, Fälle zu unterscheiden, die eintreten können. Um das
zu illustrieren, nehmen wir uns wieder eine Gleichung her, diesmal eine etwas
kompliziertere:
Wie könnte man sie lösen? Das x
auf beiden Seiten der Gleichung ist verlockend: Wenn wir beide Seiten der Gleichung durch
x dividieren, vereinfacht
sie sich beträchtlich. Aber Vorsicht: Es könnte ja passieren, dass
x = 0, und in diesem
Fall dürfen wir nicht durch
x
dividieren! Was tun?
Gehen wir die Sache ganz gründlich an, nämlich mit einer Fallunterscheidung.
Wir untersuchen die Angelegenheit zuerst für den (rein theoretischen) Fall, dass
x = 0
sein könnte und danach für den (rein theoretischen) Fall, dass
x ≠ 0 ist.
- Fall x = 0.
Falls x = 0
ist, so sehen wir sofort, dass es sich um eine Lösung der Gleichung (16)
handelt, denn dann sind ja beide Seiten gleich 0. Das merken wir uns: eine Lösung ist
bereits gefunden!
- Fall x ≠ 0.
Falls x ≠ 0
ist, dürfen wir beide Seiten der Gleichung (16) durch
x dividieren!
Es handelt sich dabei
um eine Äquivalenzumformung, denn durch Multiplikation mit
x können wir diese
Operation wieder rückgängig machen. Wir erhalten
und daraus, nach einer kleinen weiteren Umformung, die Lösung
x = 4.
Eine saubere, clever gewählte Fallunterscheidung hat also gleich zwei Lösungen erbracht: 0 und 4. Und wir wissen jetzt,
dass damit alle Lösungen der Gleichung (16) gefunden sind, denn einen
dritten Fall gibt es nicht!
Beachten Sie, nach welcher Logik wir hier vorgegangen sind:
- Bevor wir irgendetwas über die Lösungen der Gleichung wissen, können wir
eines mit Gewissheit sagen: Jede Zahl, von der gefragt werden kann, ob sie eine Lösung der
Gleichung (16) ist,
ist entweder gleich 0 oder ungleich 0. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Bei einer
Fallunterscheidung müssen immer alle Möglichkeiten betrachtet werden!
- Für jeden einzelnen der betrachteten Fälle stellt sich die
Aufgabenstellung einfacher dar. Das ist generell der Grund für eine Fallunterscheidung –
sie muss die Dinge vereinfachen!
- Im ersten Fall wurde angenommen, dass
x = 0
ist. In ihm ist jede Argumentation, die mit dieser Voraussetzung operiert, erlaubt!
Im zweiten Fall wurde angenommen, dass
x ≠ 0
ist. In ihm ist jede Argumentation, die mit dieser Voraussetzung operiert, erlaubt!
Weiteren Fall gibt es keinen – womit alle möglichen Werte, die
x annehmen kann,
berücksichtigt worden sind! Daher wissen wir auch, dass Gleichung (16)
keine dritte Lösung besitzt.
Bei Fallunterscheidungen haben Sie freie Hand, welche Fälle Sie im Einzelnen betrachten. Es müssen dabei
nur alle Möglichkeiten abgedeckt werden. Sollen Sie beispielsweise entscheiden, für welche (reellen) Zahlen x der Term
positiv, 0 oder negativ ist, so können Sie zuerst feststellen, dass Vorzeichenwechsel der beiden
Klammerausdrücke nur dann passieren, wenn x
gleich einer der vier Zahlen ±2 und ±3 ist. Diese stellen Sie sich der
Größe nach geordnet vor, also in der Reihenfolge
– 3,
– 2, 2, 3, und betrachten demnach
die folgenden Fälle:
- Fall x < –3:
Der Term ist positiv (denn dann sind beide Klammerausdrücke positiv).
- Fall x = –3:
Der Term ist gleich 0 (denn dann ist der zweite Klammerausdruck gleich 0).
- Fall –3 < x < –2:
Der Term ist negativ (denn dann ist der erste Klammerausdruck positiv, der zweite negativ).
- Fall x = –2:
Der Term ist 0 (denn dann ist der erste Klammerausdruck gleich 0).
- Fall –2 < x < 2:
Der Term ist positiv (denn dann sind beide Klammerausdrücke negativ).
- Fall x = 2:
Der Term ist 0 (denn dann ist der erste Klammerausdruck gleich 0).
- Fall 2 < x < 3:
Der Term ist negativ (denn dann ist der erste Klammerausdruck positiv, der zweite negativ).
- Fall x = 3:
Der Term ist 0 (denn dann ist der zweite Klammerausdruck gleich 0).
- Fall x > 3:
Der Term ist positiv (denn dann sind beide Klammerausdrücke positiv).
Vollziehen Sie die einzelnen Schritte nach! Ist Ihnen klar, dass alle Möglichkeiten, wie
die Zahl x relativ zu den Zahlen
– 3,
– 2, 2 und 3 liegen kann, berücksichtigt worden
sind?
Sie könnten die gleiche Aufgabe aber auch anders lösen und beispielsweise
Ihre Lösungsstrategie auf der
(vielleicht ein bisschen weniger transparenten) Fallunterscheidung
x2 < 4,
x2 = 4,
4 < x2 < 9,
x2 = 9 und
x2 > 9
aufbauen. Alternativ dazu könnten Sie von den möglichen Vorzeichen der Klammerausdrücke ausgehen und Ihr Glück mit der Fallunterscheidung
- Fall: beide Klammerausdrücke sind positiv
- Fall: beide Klammerausdrücke sind negativ
- Fall: der erste Klammerausdruck ist positiv, der zweite negativ.
- Fall: der erste Klammerausdruck ist negativ, der zweite positiv.
- Fall: zumindest einer der Klammerausdrücke ist gleich 0
versuchen. Bei allen drei Methoden werden alle Möglichkeiten, die eintreten können,
abgedeckt. Für welche Methode Sie sich bei einem derartigen
Beispiel entscheiden, sollten Sie davon abhängig machen, bei welcher Sie sich am sichersten
fühlen.
Das Problem, zu entscheiden, für welche x
der Term (18) welche Vorzeichen besitzt, läuft im Wesentlichen
auf ein Ungleichungsproblem hinaus. Generell kommen
Fallunterscheidungen in diesem Teilgebiet der Mathematik, dem ein eigenes Kapitel
gewidmet ist, häufig zum Einsatz.
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Ungleichungen
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Vielleicht werden Sie im Rahmen Ihrer mathematischen Ausbildung nicht viele mathematische Theoreme beweisen.
Aber nicht nur die "großen" mathematischen Aussagen, sondern auch
"kleine" Berechnungen, etwa um ein Gleichungssystem zu lösen,
erfordern logisches Schließen, das letzten Endes immer dazu dient, sich der
(mathematischen) Wahrheit einer Sache zu vergewissern.
Wir wollen daher hier kurz einige Betrachtungen zu den wichtigsten Beweistechniken
anstellen.
Manchmal gelingt es, eine mathematische Aussage auf mehr oder weniger "direktem Weg" durch
eine Aneinanderreihung vom Implikationen zu beweisen. Ein Beispiel dafür ist das
oben besprochene Lösen von Gleichungen.
Wichtig dabei ist, sich (egal ob schriftlich oder mündlich) möglichst genau
auszudrücken, um die Logik dessen, was bereits argumentiert (und damit gesichert) wurde,
von dem zu trennen, was man vielleicht gern hätte, aber noch nicht erzielt hat.
Insbesondere sollten Sie sich der Annahmen (Voraussetzungen), die Sie dabei machen,
bewusst sein!
Ein Beispiel ist wieder das Lösen von Gleichungen: Es beginnt mit der Annahme,
dass eine Lösung existiert, und unter dieser Voraussetzung kann die gegebene
Gleichung dann manipuliert werden. Es kann sich durchaus zum Schluss herausstellen, dass
die Annahme falsch war. Wenn etwa das Umformen einer Gleichung zur Aussage
1 = 2 führt,
so war offenbar die Annahme, dass es eine Lösung gibt, falsch – denn mit einer
tatsächlich existierenden Lösung kann das natürlich nicht passieren.
Ein Beispiel für eine solche Gleichung ist
In der
mathematischen Sprache heißt es dann, dass ein Widerspruch aufgetreten ist.
Im Fall der Gleichung (19) erzielen Sie sofort einen offensichtlichen Widerspruch, indem
Sie von beiden Seiten
x
subtrahieren!
In manchen Situationen ist aber auch der Einsatz von Tricks angesagt. Die Mathematik kennt
viele spezielle Argumentationstechniken, die in bestimmten Situationen zum Ziel führen.
Wir erwähnen nur zwei davon:
- Indirekter Beweis:
Diese Methode versucht, das Gegenteil einer Aussage zu widerlegen – was auf das Gleiche
hinausläuft wie der Beweis dieser Aussage!
Es wird also angenommen, dass die zu beweisende Aussage falsch ist, und daraus ein
Widerspruch konstruiert.
Beispiel: Es ist folgende Aussage zu beweisen: Ist das Quadrat einer ganzen Zahl ungerade, so ist sie
selbst ungerade.
Beweis: Das Gegenteil der zu beweisenden Aussage lautet: Es gibt eine gerade Zahl
n, deren Quadrat ungerade ist.
Nehmen wir an, dass das wahr ist. Laut Voraussetzung ist
n gerade, also das Doppelte einer
ganzen Zahl
k. Daher können wir
n = 2k
schreiben. Daraus folgt
n2 = 4k2 und somit
n2/2 = 2k2. Das zeigt, dass
n2/2
eine ganze Zahl ist (nämlich
2k2). Mit anderen Worten:
n2 ist ohne
Rest durch 2 teilbar und damit gerade. Das steht aber im Widerspruch zur Annahme, dass das Quadrat von
n
ungerade ist. Damit ist die ursprüngliche Aussage bewiesen.
- Beweis durch vollständige Induktion (Induktionsbeweis):
Diese Methode eignet sich oft, wenn unendlich viele Aussagen, die "durchnummeriert"
werden können, zu beweisen sind. Sie wird im Kapitel über Zahlen besprochen.
Wenn Sie die hinter dem mathematischen Argumentieren stehende Logik einmal verstanden haben,
werden Ihnen manche der mathematischen Tätigkeiten, die von Ihnen verlangt werden,
leichter fallen, und von so manchen kochrezeptartig gelernten Berechnungsweisen werden Sie verstehen,
warum sie gerade so sind, wie sie eingeübt werden.
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Induktionsbeweis
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Formalisierung der mathematischen Logik |
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Die Strukturen, die beim logischen Schließen auftreten, können selbst in einer
mathematischen Weise formuliert werden. Damit wird die mathematische Logik zu einem
Teilgebiet der Mathematik gemacht. Wir wollen zum Abschluss dieses Kapitels noch einen
kurzen Blick darauf werfen, wie das funktioniert.
Die zentralen Objekte der mathematischen Logik sind Aussagen, die wahr oder falsch sein
können.
Beispiele für wahre Aussagen:
Aussage A: Die Zahl 4 ist gerade.
Aussage B: Das Quadrat jeder geraden Zahl ist gerade.
Aussage C: Das Quadrat jeder ungeraden Zahl ist ungerade.
Beispiele für falsche Aussagen:
Aussage D: Die Zahl 4 ist ungerade.
Aussage E: Das Quadrat jeder geraden Zahl ist ungerade.
Beispiele für Aussagen, deren Wahrheitsgehalt vom Wert einer Variablen
abhängt:
Aussage F: n ist eine gerade Zahl
Aussage G: n2 ist eine gerade Zahl
Aussagen können nun miteinander verknüpft werden, wie wir es in diesem Kapitel ja bereits
getan haben. Drei logische Operationen sind besonders wichtig:
- Das logische Und: A ^ B steht für die Aussage "A und B".
Mit A und B ist auch A ^ B eine Aussage.
- Das logische Oder: A ∨ B steht für die Aussage "A oder B".
Mit A und B ist auch A ∨ B eine Aussage.
- Das logische Nicht (die Negation): ¬A steht für die Aussage "nicht A"
(das Gegenteil von A).
Mit A ist auch ¬A eine Aussage. ist A wahr, so ist ¬A falsch, und ist A falsch,
so ist ¬A wahr.
Hier einige Beispiele,
was man damit machen kann:
- Da gibt es zunächst einige Verknüpfungsregeln, die für beliebige
Aussagen gelten:
- A ^ B = B ^ A
Das bedeutet: Die Aussage A ^ B behauptet das Gleiche wie
die Aussage B ^ A, und zwar unabhängig davon, ob A und B
wahr oder falsch sind!
Ist Ihnen klar, warum das so ist? Wenn nicht, betrachten Sie dieses Beispiel:
Aussage A: "die Zahl 4 ist gerade" (sie ist wahr).
Aussage B: "die Zahl 9 ist eine Primzahl" (sie ist falsch).
Die (falsche) Aussage "die Zahl 4 ist gerade und die Zahl 9 ist eine Primzahl"
ist gleichbedeutend mit der (falschen) Aussage "die Zahl 9 ist eine Primzahl und die Zahl 4 ist gerade"! Es kommt nicht auf die Reihenfolge an!
- A ∨ B = B ∨ A
Das bedeutet: Die Aussage A ∨ B behauptet das Gleiche wie
die Aussage B ∨ A, und zwar unabhängig davon, ob A und B
wahr oder falsch sind!
Ist Ihnen klar, warum das so ist? Wenn nicht, betrachten Sie dieses Beispiel:
Aussage A: "die Zahl 4 ist gerade" (sie ist wahr).
Aussage B: "die Zahl 9 ist eine Primzahl" (sie ist falsch).
Die (wahre) Aussage "die Zahl 4 ist gerade oder die Zahl 9 ist eine Primzahl"
ist gleichbedeutend mit der (wahren) Aussage "die Zahl 9 ist eine Primzahl oder die Zahl 4 ist gerade"! Es kommt nicht auf die Reihenfolge an!
- ¬(¬A) = A
Das bedeutet: Die Aussage ¬(¬A) behauptet das Gleiche wie
die Aussage A, und zwar unabhängig davon, ob A
wahr oder falsch ist! In Worten: Das Gegenteil des Gegenteils einer Aussage ist die
Aussage selbst.
- ¬(A ^ B) = ¬A ∨ ¬B
Versuchen Sie, diese Regel in Worten zu auszudrücken und ein Beispiel anzugeben!
- A ^ (B ∨ C) = (A ^ B)
∨ (A ^ C)
Versuchen Sie, diese Regel in Worten zu auszudrücken und ein Beispiel anzugeben!
Zahlreiche weitere Verknüpfungsregeln sind von einer ähnlichen Struktur.
- Wichtig für das mathematische Schließen ist aber nicht nur die Gleichheit von Aussagen,
die auf verschiedene Weisen formuliert werden, sondern auch die
Implikation, das "daraus folgt". Auch sie
kann auf unsere drei elementaren logischen Operationen
^, ∨ und ¬
zurückgeführt werden:
Die Aussage (A ^ B) ∨ ¬A ist gleichbedeutend mit
A => B
("aus A folgt B").
Die Beziehung "daraus folgt" ist also von diesem Standpunkt aus betrachtet ein abgeleitetes Konzept.
Versuchen Sie, die Aussage
(A ^ B) ∨ ¬A in Worten zu auszudrücken und ein Beispiel anzugeben!
Hier ein Tipp für ein Beispiel: Setzen Sie
- A ist die Aussage "n ist ein ungerade Zahl".
- B ist die Aussage "n2 ist ein ungerade Zahl".
- Nun nehmen Sie an, dass n eine beliebige ganze Zahl ist, und formulieren Sie
die Aussage
(A ^ B) ∨ ¬A in Worten!
Wenn Ihnen dieses Beispiel klar ist, sind Sie von einem allgemeinen Beweis der Gleichheit von
(A ^ B) ∨ ¬A
mit A => B
nicht mehr weit entfernt!
- Können Sie die Äquivalenz, also die Beziehung
A <=> B, ebenfalls auf die elementaren
logischen Operationen
^, ∨ und ¬
zurückführen?
Ein Tipp dazu: Die Beziehung A <=> B
kann auch so ausgedrückt werden, dass A und B entweder beide wahr oder beide falsch sind.
Diese Art der Formalisierung mathematischer Logik (sie heißt Aussagenlogik, weil es in ihr
um Aussagen und ihre Beziehungen geht) wird unter anderem dazu benutzt, um herauszufinden,
was mit welchen Methoden und ausgehend von welchen Voraussetzungen überhaupt
bewiesen werden kann. Sie findet auch in der Computertechnik (in der "wahr" und "falsch" durch
die Bits "0" und "1" dargestellt werden) Anwendung und wird beispielsweise dazu benutzt,
um elementare Rechenoperationen in die Hardware, d.h. in die Computerchips,
einzubauen, damit sie möglichst schnell ausgeführt werden.
Wie im Kapitel über Mengen besprochen wird, besteht zwischen den Operationen
^, ∨ und ¬ einerseits
und den Verknüpfungen von Mengen (Durchschnitts-, Vereinigungs- und
Komplementärmenge) andererseits ein enger Zusammenhang, den wir hier aber nicht
weiter verfolgen wollen.
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"Und", "oder" und "nicht" in der Mengenlehre
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