Besondere Punkte und Linien im Dreieck:
Wir führen die Beweise (bzw. geben in einem Fall nur die Beweisidee)
einiger Eigenschaften betreffend die vier "merkwürdigen Punkte" im
Dreieck:
Satz 1: Die drei Seitensymmetralen eines Dreiecks schneiden einander im Umkreismittelpunkt.
Beweis: Betrachten wir zunächst die Seitensymmetrale von AB.
Sie besteht aus allen Punkten, die von A und B den gleichen Abstand haben.
Jeder Punkt auf dieser Seitensymmetrale ist der Mittelpunkt eines Kreises, auf dem
A und B liegen.
(Und umgekehrt ist die Seitensymmetrale die Menge aller dieser Kreismittelpunkte).
Ein solcher Kreis − mit Mittelpunkt M − ist hier dargestellt:

Nun lassen wir M so lange nach unten wandern, bis auch der
Punkt C auf dem Kreis liegt. Der so erhaltene Kreis ist
der Umkreis des Dreiecks, seinen Mittelpunkt nennen wir U:

Ist der Mittelpunkt weiter oben oder unten, so liegt C nicht auf dem betreffenden Kreis.
Das erweist die Existenz eines (eindeutigen) Umkreises.
U ist nun aber von allen drei Eckpunkten gleich weit entfernt,
liegt also auch auf der Seitensymmetrale von BC sowie auf jener von CA.
Damit ist bewiesen, dass U der Schnittpunkt der drei
Steckensymmetralen ist.
Satz 2: Die drei Höhenlinien eines Dreiecks schneiden einander in einem Punkt
(dem Höhenschnittpunkt).
Beweis: Ein besonders eleganter Beweis (der auf Leonhard Euler zurückgeht) ergibt sich, wenn wir unserem Dreieck ABC
durch Parallelverschieben der Seiten noch vier (um 180° gedrehte) Dreiecke hinzugesellen:

Betrachten Sie nun die drei strichlierten Geraden:

Es sind die Seitensymmetralen des großen
Dreiecks A
'
B
'
C
'.
Gemäß Satz 1 (s.o.) schneiden Sie einander in einem Punkt.
Gleichzeitig sind es aber die Höhen unseres ursprünglichen Dreiecks ABC,
womit bewiesen ist, dass sich die drei Höhen eines Dreiecks in einem Punkt schneiden!
Satz 3: Die drei Winkelsymmetralen eines Dreiecks schneiden einander im
Inkreismittelpunkt.
Beweis: Betrachten wir zunächst die Winkelsymmetrale von α.
Sie besteht aus allen Punkten, die von den Seitenlinien b und c
den gleichen Normalabstand haben. Jeder Punkt auf dieser Winkelsymmetrale ist der Mittelpunkt eines Kreises, der diese
beiden Seitenlinien berührt.
(Und umgekehrt ist die Winkelsymmetrale die Menge aller dieser Kreismittelpunkte).
Ein solcher Kreis ist hier dargestellt:

Nun lassen wir seinen Mittelpunkt so lange entlang der Winkelsymmetralen auf die Seite
a zu wandern, bis der Kreis auch diese
berührt. Der so erhaltene Kreis ist der Inkreis des Dreiecks,
seinen Mittelpunkt nennen wir I:

Ist der Mittelpunkt nicht weit genug oder zu weit gerutscht, so berührt der Kreis die Seite
a nicht.
Das erweist die Existenz eines (eindeutigen) Inkreises (d.h. eines Kreises, der alle drei Seitenlinien von innen berührt).
I ist nun aber
Winkelsymmetrale aller drei Winkel, d.h. auch von β und γ.
Damit ist bewiesen, dass I der Schnittpunkt der drei
Winkelsymmetralen ist.
Satz 4: Die drei Schwerlinien eines Dreiecks schneiden einander in einem
Punkt (dem Schwerpunkt).
Beweis: Wir betrachten die Schwerlinie auf die Seite c,
d.h. die Gerade durch C und den Halbierungspunkt D der Seite c:

Sie teil das Dreieck in zwei flächengleiche Teildreiecke ACD und DBC.
Die beiden Teildreiecke sind deshalb flächengleich, weil sie die gleiche Höhe w
haben:

Dieser Sachverhalt gilt klarerweise auch für die anderen Schwerlinien, und wir merken uns: Eine
Schwerlinie eines Dreiecks teilt dieses in zwei flächengleiche Teildreiecke.
Wir betrachten nun eine zweite Schwerlinie und bezeichnen den Schnittpunkt der beiden
Schwerlinien mit S:

Die beiden Schwerlinien teilen das Dreieck in vier Teildreiecke

mit Flächeninhalten
A1 bis A4,
für die
A1 + A3 = A2 + A4
und
A1 + A2 = A3 + A4
gilt. Die Differenz dieser beiden Gleichungen führt sofort auf
A2 = A3
und A1 = A4.
Die beiden gelben Bereiche sind daher gleich flächengleich und ebenso die beiden
türkisfarbenen.
Wir zeichnen nun den Halbierungspunkt F der Seite b
und ziehen die Strecken SF
und SB:

Beachten Sie: Die Strecken beiden SF (blau) und
SB (grün) sind unabhängig voneinander
zustande gekommen. Sind sie zueinander parallel, d.h. liegen sie auf einer Geraden?
Um diesen Punkt zu klären, beobachten wir:
- SF (blau) ist die Schwerlinie des Dreiecks ASC, teilt
dieses daher in zwei flächengleiche Teildreiecke.
- SB (grün) teilt das Viereck DBES
in zwei Dreiecke, für die gilt:
- Das Dreieck SBE ist flächengleich zum Dreieck SEC (da sie die gleiche Höhe besitzen),
der Flächeninhalt ist A2.
- Das Dreieck DBS ist flächengleich zum Dreieck ADS (da sie die gleiche Höhe besitzen),
der Flächeninhalt ist A3.
Aus A2 = A3
folgt daher, dass alle sechs Teildreiecke in der obigen Skizze flächengleich sind!
Folglich teilt die Linie, die von B über S zu F führt,
das gegebene Dreieck in zwei flächengleiche Stücke. Andererseits tut das die
Strecke BF (die ja eine Schwerlinie ist) auch.
Die Linie von B über S zu F
kann daher keinen Knick haben! Es handelt sich genau um die dritte Schwerlinie, die Strecke
BF. Damit ist bewiesen, dass sich die drei Schwerlinien eines Dreiecks in
einem Punkt S (dem Schwerpunkt) schneiden.
Nachbemerkungen:
- Es lässt leicht zeigen, dass S die
Schwerlinien im Verhältnis 2:1 teilt.
- Der Satz kann mit den Methoden der Vektorrechnung (Kapitel Vektoren 1)
eleganter bewiesen werden.
Satz 5: In jedem Dreieck liegen Höhenschnittpunkt, Umkreismittelpunkt und
Schwerpunkt auf einer Geraden (der Eulerschen Geraden).
Beweisidee: Der Beweis beruht auf einem Vergleich der Dreiecke ABC und DEF,
wobei letzteres aus den Halbierungspunkten der Seiten entsteht (siehe die letzte Skizze oben).
Die Argumentation ist verwandt mit der, die wir für Satz 2 (s.o.) benutzt haben.
Wenn er Sie im Detail interessiert, finden Sie ihn (zusammen mit einem Java-Applet, in dem Sie die Dreieckspunkte durch Mausziehen
dynamisch verändern können) im Programm von mathematik.ch
auf der Seite Eulersche Gerade mit Geometry Applet.