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Asymptoten einer rationalen Funktion:

Wie kann man feststellen, ob eine gegebene rationale Funktion (d.h. ein Quotient zweier Polynome) Asymptoten besitzt und wie sie liegen?

Diskutieren wir das zunächst anhand einiger Beispiele:

1.) Wir betrachten die Funktion
f (x)   =   x + 1
(x 1)2
 .
(1)
Sie besitzt einen Pol, und zwar bei x = 1. (Dass es tatsächlich ein echter Pole ist und keine Definitionslücke, folgt daraus, dass der Zähler an dieser Stelle ungleich Null ist). Daher ist die "vertikale" (zur y-Achse parallele) Gerade, auf der x = 1 gilt, eine Asymptote.

Um herauszufinden, wie sich die Funktion für |x| verhält, benutzen wir die Tatsache, dass eine Potenz umso schneller wächst, je größer ihr Exponent ist: Wird x immer größer, so wächst x3 wesentlich schneller als x2, und dieses wiederum schneller als x. Für große x kommt der Wert eines Polynoms in erster Linie durch seine höchste Potenz (den so genannten führenden Term) zustande der Beitrag aller anderen Potenzen ist klein und wird im Vergleich zum führenden Term immer kleiner, wenn x wächst. Das gilt in entsprechende Weise auch dann, wenn x wächst, d.h. wenn sich x negative Werte, deren Betrag immer größer wird, annimmt.

Wir erhalten also einen ersten Eindruck vom "asymptotischen Verhalten" unserer Funktion, wenn wir zuerst alle Klammern ausmultiplizieren
f (x)   =   x + 1
x2 2x + 1
(2)
und dann für Zähler und Nenner nur die höchsten Potenzen anschreiben:
f (x)     x
x2
 ,     wenn |x| groß ist.
(3)
Für |x| verhält sich die Funktion also wie 1/x. Ihr Graph nähert sich der x-Achse (im negativen x-Bereich "von unten", d.h. von negativen y-Werten her, im positiven x-Bereich "von oben", d.h. von positiven y-Werten her). Daher ist die x-Achse eine Asymptote von f.

Damit sind alle Asymptoten von f gefunden.

2.) Wir betrachten die Funktion
f (x)   =   x4 + 1
x2 + 1
 .
(4)
Diesmal gibt es keinen Pol (da der Nenner immer ungleich Null ist), daher auch keine zur y-Achse parallele Asymptote. Es bleibt also, das Verhalten für |x| zu untersuchen. Indem wir wieder nur die jeweils höchsten Potenzen in Zähler und Nenner berücksichtigen, finden wir
f (x)     x4
x2
 ,     wenn |x| groß ist.
(5)
Für |x| verhält sich die Funktion daher wie x2, wächst also näherungsweise quadratisch. Ihr Graph nähert sich in dieser Näherung wie eine Parabel (und nicht wie eine Gerade). Daher hat die Funktion f überhaupt keine Asymptote.

3.) Als nächstes betrachten wir die Funktion
f (x)   =   2(x2 + 1)
x2 1
 .
(6)
Ihr Nenner kann als (x + 1) (x 1) geschrieben werden, weshalb es nun zwei Pole (bei x = 1 und bei x = 1) gibt. (Dass es tatsächlich echte Pole und keine Definitionslücken sind, folgt daraus, dass der Zähler an beiden Stellen ungleich Null ist). Daher liegen zwei zur y-Achse parallele Asymptoten (bei x = 1 und bei x = 1) vor.

Das Verhalten im Unendlichen erschließt sich wieder durch unsere Methode, alle Klammern auszumultiplizieren
f (x)   =   2x2 + 2
x2 1
(7)
und nur die höchsten Potenzen zu berücksichtigen:
f (x)     2x2
x2
 ,     wenn |x| groß ist.
(8)
Wir sehen, dass die Funktion für |x| der Konstante 2 zustrebt. Das bedeutet, dass der Graph der konstanten Funktion g(x) = 2 (d.h. die durch die Gleichung y = 2 beschriebene, zur x-Achse parallele Gerade) eine Asymptote ist.
(Was die "Gleichung einer Geraden" ist, wurde im Kapitel Analytische Geometrie 1 besprochen).

Damit sind alle Asymptoten von f gefunden.

4.) Als letztes Beispiel betrachten wir die Funktion
f (x)   =   2x3 + 1
x2 2x + 1
 .
(9)
Ihr Nenner kann als (x 1)2 geschrieben werden, weshalb einen Pol bei x = 1 gibt. (Dass es tatsächlich ein echter Pol und keine Definitionslücke ist, folgt daraus, dass der Zähler an dieser Stelle ungleich Null ist). Hier liegt also eine zur y-Achse parallele Asymptote (bei x = 1) vor.

Das Verhalten im Unendlichen ergibt sich wieder durch unsere Methode, nur die höchsten Potenzen zu berüchsichtigen:
f (x)     2x3
x2
 ,     wenn |x| groß ist.
(10)
Die Funktion verhält sich für |x| also wie 2x, wächst also für große |x| näherungsweise linear! Daraus schließen wir, dass es eine Asymptote gibt, die den Anstieg 2 hat (eine so genannte "schiefe" oder "schräge" Asymptote).
(Was der "Anstieg einer Geraden" ist, wurde im Kapitel Analytische Geometrie 1.

Bisher kennen wir aber die genaue Lage dieser Asymptote nicht: Es gibt unendlich viele Geraden, die den Anstieg 2 haben. Jede von ihnen ist der Graph einer Funktion der Form

h(x)   =   2x + d,
(11)

und einer dieser Graphen ist Asymptote von f. Um ihn zu finden müssen wir , müssen die Konstante x bestimmen. Dafür gibt es mehrere Methoden. Eine besteht darin, das Verfahren der "Polynomdivision" auf den Funktionsterm (9) anzuwenden. Wir schlagen hier einen anderen Weg ein, der auf dasselbe hinausläuft, aber direkter zum Ziel führt:

Wir bilden die Differenz zwischen dem gegebenen Funktionsterm (9) und dem Term (11), der der Asymptote entspricht. Wenn sich der Graph von f tatsächlich an jenen von (11) annähert, muss diese Differenz für |x| gegen Null streben. Das wird uns erlauben, d zu bestimmen. Wir schreiben also
f (x) h(x)   =   2x3 + 1
x2 2x + 1
(2x + d)
(12)
und bringen diesen Ausdruck auf gemeinsamen Nenner. Das ist ein bisschen Rechenarbeit und führt auf
(4 d) x2 + 2(d 1) x + 1 d
x2 2x + 1
 .
(13)
Die höchsten Potenzen, die hier aufscheinen, sind im Zähler und im Nenner jeweils die x2-Terme. Sie bestimmen das Verhalten im Unendlichen. Lassen wir alle niedrigeren Potenzen weg und kürzen durch x2, so bleibt die Konstante 4 d übrig. Es ist also genau der Wert

     d   =   4,
(14)

für den die Differenz (12) für große |x| gegen Null strebt. Damit haben wir die gesuchte Asymptote gefunden: Sie ist der Graph der Funktion

h(x)   =   2x + 4
(15)

(oder, anders ausgedrückt, die durch die Gleichung y  =  2x + 4 beschriebene Gerade).

Anhand dieser vier Beispiele haben wir alle Arten von Asymptoten, die eine rationale Funktion haben kann, kennen gelernt.



Allgemeine Aussagen über das Auftreten von Asymptoten:

Zunächst halten wir fest, dass jeder Pol einer rationalen Funktion Anlass zu einer (zur y-Achse parallelen) Asymptote gibt.

Wie können wir ohne großen Aufwand erkennen, ob noch weitere Asymptoten existieren? Überlegen Sie, worin sich die obigen Beispiele voneinander unterscheiden! Vielleicht haben Sie es selbst erraten: Es sind die Ordnungen der Polynome in Zähler und Nenner, die für das Verhalten im Unendlichen relvant sind. Sehen wir uns das ein bisschen genauer an.

Eine rationale Funktion, also der Quotient zweier Polynome, ist immer von der Form
f (x)   =   p(x)
q(x)
,
(16)
wobei der Zähler p ein Polynom n-ter Ordnung, der Nenner q ein Polynom m-ter Ordnung ist:

p(x)   =    an xn    +   an1 xn1  +  ...  +  a1 x  +  a0
(17)
q(x)   =   bm xm  +  bm1 xm1  +  ...  +  b1 x  +  b0
(18)

Dabei sind die Koeffizienten zu den höchsten Potenzen an und bm von Null verschieden (sonst wären ja p und q Polynome von kleinerer Ordnung). Unsere bewährte Methode, nur die höchsten Potenzen zu berücksichtigen, führt nun zu einem Term proportional zu xn   m. Folgende Fälle können eintreten: