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Beweis:Beachten Sie: Die Beweisführung ist nicht rein akademisch, sondern bringt ein Verfahren ans Licht, das wir benutzen können, um das in (2) auftretende Polynom q zu berechnen
(Wenn Sie sich nicht in die Sache vertiefen wollen, können Sie ihn überspringen. Er sei Ihnen aber dennoch ans Herz gelegt, da er ein Rechenverfahren, das Sie vielleicht in der Praxis brauchen werden, beinhaltet).
Wir zeigen die Art der Beweisführung anhand eines Beispiels und argumentieren dann, dass sie sich auf den allgemeinen Fall übertragen lässt. Nehmen wir zuerst an, unsere Polynomfunktion sei
p(x) = 2 x3 + 2
x2 − 20
x + 16.
(3)
Sie besitzt beix0 = 2 eine Nullstelle. (Rechnen Sie nach, dassp(2) = 0 ist!) Der Satz behauptet die Existenz eines Polynoms q, das die Identität
2 x3 + 2
x2 − 20
x + 16 = (x − 2) q(x)
(4)
erfüllt. Können wir es finden? Ja, und das ist gar nicht so schwierig!q muss ein Polynom zweiter Ordnung sein, ansonsten könnte die höchste Potenz der rechten Seite von (4) nicht mit jener der linken Seite, nämlich 2x3, übereinstimmen. Wir kennen q (noch) nicht, wissen aber, dass jedes Polynom zweiter Ordnung von der Form
q(x) = a2 x2 + a1
x + a0
(5)
ist, wobei die Koeffizienten a0, a1 und a2 reelle Zahlen sind. Gleichung (4) wird manchmal als "Ansatz" (für q) bezeichnet.
Nun setzen wir (4) in (5) ein und erhalten
2 x3 + 2
x2 − 20
x + 16 = (x − 2) (a2
x2 + a1
x + a0)
(6)
Die rechte Seite wird ausmultipliziert und vereinfacht:Nun steht auf beiden Seiten dieser Beziehung ein Polynom. Diese beiden Polynome sollen gleich sein. Wir setzen also die (bekannten) Koeffizienten der linken Seite gleich den entsprechenden (unbekannten) Koeffizienten der rechten Seite:
2 x3 + 2
x2 − 20
x + 16 = a2
x3 + (a1 − 2
a2)
x2 + (a0 − 2
a1)
x − 2
a0 .
(7)
2 = a2 (8)
2 = a1 − 2 a2
(9)
−20 = a0 − 2 a1
(10)
16 = −2 a0
(11)
Das ist ein System von Gleichungen, das wir jetzt nach den unbekannten Koeffizienten aufzulösen versuchen. (8) sagt uns unmittelbar, dassa2 = 2 ist. Damit impliziert (9), dassa1 = 2 ist. (10) ergibta2 + 2 = 6
a0 = 2 .a1 − 20 = 2 × 6 − 20 = −8
Einschub, der später wichtig sein wird:Setzen wir die erhaltenen Werte in (5) ein, so erhalten wir das gesuchte
(Wenn Sie nur am Rechenverfahren, nicht aber am allgemeinen Beweis interessiert sind, können Sie ihn überspringen).
Wir haben nun alle Koeffizienten erhalten, aber es ist noch eine Gleichung übrig! Gleichung (11) liefert keine neue Information, sondern ist identisch erfüllt:16 = −2 × (−8) . Das ist kein Zufall: Wir hätten diese Gleichung völlig ignorieren können, denn sie muss identisch erfült sein. Stellen wir uns vor, wir setzen die aus (8) bis (10) erhaltenen Werte für die Koeffizienten in (7) ein. Dann steht auf jeder der beiden Seiten von (7) ein Polynom. Die Gleichungen (8) bis (11) besagen, dass diese beiden Polynome in allen höheren Ordnungen von x übereinstimmen. Sie unterscheiden sich also höchstens in einer additiven Konstante, denn die nicht beachtete Gleichung (11) ist gerade für die "nullte" Ordnung in x zuständig. Mit anderen Worten: Die Differenz von linker und rechter Seite in (7) ist eine Konstante. Andererseits haben beide Polynome beix0 = 2 eine Nullstelle (die linke Seite laut Voraussetzung, die rechte Seite, weil sie mit der rechten Seite von Gleichung (6) identisch ist). Aber die Differenz zweier Polynome, die eine gemeinsame Nullstelle besitzen, kann keine von Null verschiedene Konstante sein! Daher sind die beiden Seiten von (7) tatsächlich gleich, und Gleichung (11) kann ignoriert werden.Polynom q:
q(x) = 2 x2 + 6
x − 8.
(12)
Es erfüllt die Identität (4). Wir können das noch einmal checken, um Rechenfehler auszuschließen:
(x − 2) (2 x2 + 6
x − 8) = 2
x3 + 2
x2 − 20
x + 16.
(13)
Damit ist der Satz anhand des Polynoms (3) überprüft. Funktioniert dieses Verfahren für jedes Polynom p und jede seiner Nullstellen? Wenn ja, und wenn wir das auch zeigen können, dann haben wir auch den Satz in seiner Allgemeinheit bewiesen.
Ja, das Verfahren funktioniert immer! Überlegen Sie selbst, dass wir für jedes Polynom p zu einem System von Gleichungen analog zu (8) bis (11) gelangen. Ist p von höherer Ordnung, so ist dieses System entsprechend größer, da q dann auch mehr Koeffizienten besitzt. Genau wie in unserem Beispiel können diese Gleichungen der Reihe nach gelöst und alle alle Koeffizienten bestimmt werden, bis zuletzt eine Gleichung übrig bleibt. Diese muss aber − entsprechend der Argumentation unseres Einschubs, der sich wortwörtlich auf den allgemeinen Fall überträgt − identisch erfüllt sein.
Damit ist Satz 1 bewiesen.
Satz 2: Abspaltung aller Linearfaktoren Sei p eine Polynomfunktion mit Nullstelle x0. Dann kann p in der Form
geschrieben werden, wobei n eine natürliche Zahl und h ein Polynom mit |
Beweis:Nachbemerkung 1: Die Nullstelle x0 tritt in (14) "n mal" als Linearfaktor auf. Daher wird sie auch "Nullstelle der Vielfachheit n" genannt.
Er ist nun ganz einfach. GemäßSatz 1 kann p in der Form
p(x) = (x − x0) q(x)
geschrieben werden. Die Ordnung von q ist kleiner als jenevon p .Da die Ordnung der dabei auftretenden Polynome
- Ist
q(x0) = 0 , so wenden wirSatz 1 auf q an, um einen weiteren Linearfaktor abzuspalten:q(x) = (x − x0) r(x) für ein Polynom r, daherp(x) = (x − x0)2 r(x) . Die Ordnung von r ist kleiner als jene von q.- Ist
r(x0) = 0 , so wenden wir den Satz wieder an, usw.(p, q, r,...) bei jedem Schritt abnimmt, kommt das Verfahren nach endliche vielen Schritten zum Stillstand − spätestens, wenn das konstante Polynom (nullter Ordnung) erreicht ist. Irgendwann tritt ein Polynom h auf, für dash(x0) ≠ 0 ist. Mit anderen Worten: Der Linearfaktor x − x0 wird so oft abgespaltet wie möglich.n ist die Zahl der Schritte, die der gesamte Prozess benötigt.
Damit ist Satz 2 bewiesen.
Jede Nullstelle eines Polynoms hat eine wohldefinierte Ordnung. |
Satz 3: Zahl der Nullstellen Ein Polynom der Ordnung m besitzt höchstens m Nullstellen. |
Beweis:Geometrisch besagt er:
Hat ein gegebenes Polynom p der Ordnung m eine Nullstelle x1, so werden zunächst gemäßSatz 2 alle mit ihr verbundenen Linearfaktoren abgespaltet:p(x) = (x − x1)n h(x) mith(x1) ≠ 0 . Falls h eine andere Nullstelle x2 besitzt, so wird mit h genauso verfahren, was eine Abspaltung der Formp(x) = (x − x1)n (x − x2)k s(x) mits(x1) ≠ 0 unds(x2) ≠ 0 zur Folge hat. Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis ein Produkt aus Linearfaktoren und ein Polynom, das überhaupt keine Nullstelle hat, resultiert. Da die Ordnung der dabei auftretenden Polynome(p, h, s,...) bei jedem Schritt abnimmt, kommt das Verfahren nach höchstens m Schritten zum Stillstand, und alle (höchstens m) Nullstellen sind gefunden.
Damit ist Satz 3 bewiesen.
Der Graph einer Polynomfunktion
m-ter Ordnung kann die
x-Achse höchstens m mal schneiden. |
Der Graph einer Polynomfunktion
m-ter Ordnung kann jede
beliebige Gerade höchstens m mal schneiden. |
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Für ![]() (oder, wie man auch sagt, die "höchste Potenz" von x oder der "führende Term"). |
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Warnhinweis: Das bedeutet nicht, dass die Differenz zwischen p(x) und −2x3 im Unendlichen immer kleiner wird (denn diese ist ja das quadratische PolynomDer3x2 −1 ). Aber es bedeutet, dass diese Differenz im Vergleich zu p(x) gegen Null strebt.
Ein Polynom ungerader Ordnung besitzt (zumindest) eine Nullstelle. |