Auflösung
Eins ist gleich minus eins

Es wurde eine fälschlicherweise eine Regel angewandt, die nur für positive reelle Zahlen gilt, nämlich
  ____
Ö a b
 
=   __
Ö a
 
  __
Ö b
 
.
(1)
Sind a und b positive reelle Zahlen, so sind ihre Quadratwurzeln eindeutig bestimmt (und positiv), und es gilt die Regel (1).

Um zu wiederholen, was wir im Kontext der reellen Zahlen unter "der Wurzel" verstehen, stellen wir die Frage: Was ist die Wurzel aus 1? Es gibt zwei reelle Zahlen, deren Quadrat 1 ist, nämlich –1 und 1. Das sind die beiden Kandidaten für die Wurzel aus 1. Der positive dieser beiden Kandidaten wird als "die" Wurzel bezeichnet. Für diese Definition wird das Wurzelsymbol verwendet, und es gilt die Regel (1).

Sind allerdings a und b negativ (oder, ganz allgemein, komplexe Zahlen), so ist das nicht mehr der Fall. Um das einzusehen, stellen wir die Frage: Was ist die Wurzel aus –1? Es gibt zwei komplexe Zahlen, deren Quadrat –1 ist, nämlich –i und i. Das sind die beiden Kandidaten für die Wurzel aus –1. Da aber keine von beiden positiv ist, ist die gerade besprochene Definition "der" Wurzel aus einer positiven reellen Zahl hier nicht anwendbar, und die Sache muß neu überdacht werden.

Man kann nicht einmal sagen, daß die Regel (1) für andere als positive reelle Zahlen falsch wäre - sie macht schlicht und einfach keinen Sinn, weil nicht gesagt wurde, was das Wurzelsymbol bedeutet. Ist die Wurzel aus –1 gleich –i oder gleich i? Legt man sich auf eine dieser beiden Möglichkeiten fest, um dem Wurzelsymbol einen eindeutigen Sinn zu geben, dann ist die Regel (1), auf a = b = –1 angewandt, falsch.

Nachbemerkung: Wenn komplexe Zahlen unter dem Wurzelsymbol angeschrieben werden, sind in der Regel beide Kandidaten gemeint. Im Fachjargon heißt das: die Wurzelfunktion ist mehrdeutig (also gar keine "Funktion" im üblichen Sinn).
 



Bemerkung zur dritten angebotenen Antwort: Ein Minuszeichen darf nicht aus einer Wurzel herausgezogen werden!

Bemerkung zur vierten angebotenen Antwort: Da jede reelle Zahl auch als komplexe Zahl angesehen werden kann, ist im Prinzip nichts daran auszusetzen, daß in einer Rechnung reelle und komplexe Zahlen vorkommen.
Beispiel: In der Identität  i2 = – 1  kommt auf der linken Seite eine komplexe Zahl vor, auf der rechten aber nicht.